Lone Ranger

Ab morgen läuft ja „Lone Ranger“ mit Johnny Depp und Armie Hammer im Kino. Eigentlich nicht die Art von Film, die ich mir mit Begeisterung ansehe. Deswegen war ich nach 149 Filmminuten umso erstaunter, dass ich mich nicht gelangweilt hatte. Lone Ranger ist Popcornkino at its best.

Der Inhalt des Film, der aber nicht so wichtig ist, geht so: Der junge und strebsame Anwalt John Reid, den spielt Armie Hammer, kommt zurück in sein Heimatstädtchen im Wilden Westen. Hier sorgt sein großer Bruder Dan, den er von klein auf bewunderte, als Texas Ranger für Recht und Ordnung. Doch dann werden Dan und seine Ranger von dem Superschurken Bartholomew ‚Butch‘ Cavendish (William Fichtner), der zufällig im gleichen Zug saß wie John und der hier eigentlich dem Richter vorgeführt werden sollte und dann aber geflohen ist, also, die Guten werden von den Bösen in einen Hinterhalt gelockt. Und John ist der einzige, der überlebt. Eigentlich hätte auch er nicht überlebt, wäre da nicht dieser seltsame Indianer Tonto, und den spielt Johnny Depp, gewesen, der ebenfalls in diesem Zug saß, weil er mit ebendiesem Schurken noch eine Krähe zu rupfen hat. Naja, langer Rede, kurzer Sinn, die restlichen zwei Drittel des Films verbringen John und Tonto damit, sich an Butchs Fersen zu heften, um ihn zur Strecke zu bringen. Getrieben vom Wunsch nach Gerechtigkeit. Und Rache.

So, nachdem ich das geschrieben hab, frage ich mich, warum ich hier überhaupt gerade etwas über diesen Film sage. Vermutlich, weil es auch alle anderen machen. Die meisten ärgern sich über den Film, weil es angeblich das gleiche ist wie „Fluch der Karibik“, nur in grün, äh, gelb, wegen Wilder Westen jetzt… egal. Weil Johnny Depps Figur Tonto und Captain Jack Sparrow angeblich das gleiche sind. Naja. Ich finde es nicht schlimm, dass Johnny Depp Spaß daran hat, schräge Piraten oder Indianer oder Hutmacher oder Schokoladenfabrikbesitzer zu spielen. Das kann er. Einerseits sind diese Figuren nach außen hin ziemlich verrückt, aber irgendwie kriegt er es hin, dass man merkt, dass sie nicht zum Spaß verrückt sind, außer der Pirat vielleicht, sondern, dass es eine Vorgeschichte gibt, die sie zu dem macht, was sie sind.

Worüber sich noch aufgeregt wird, ist, dass der Film stellenweise unglaublich brutal ist und dass deswegen die Altersfreigabe von 12 Jahren verwunderlich ist. Das stimmt. In der Szene mit dem Hinterhalt schneidet der Schurke dem toten Dan das Herz heraus und isst es dann. Natürlich sieht man das nicht richtig, aber es ist so inszeniert, dass man es sich sehr gut vorstellen kann/muss. In einer anderen Szene werden sehr viele Indianer niedergemetzelt. Und es gibt noch ein paar weitere Stellen, die grenzwertig sind. Ich habe mich darüber gewundert, dass der Film eigentlich aus dem Nichts heraus mit solcher Gewalt schockt, denn andererseits ist er zwischendurch wirklich witzig, geradezu slapstickhaft. Diese Brutalität wäre nicht nötig gewesen. Oder der Witz. Je nachdem, was sie für eine Aussage treffen wollen. Und das ist auch der einzige Vorwurf, den ich dem Film mache, dass mir nicht klar ist, was Gore Verbinski (Regie) und Jerry Bruckheimer (Produzent) damit sagen wollen.

Worüber man keinesfalls nachdenken darf, ist, dass für diesen Film ungefähr Produktionskosten von 250 Millionen Dollar ausgegeben wurden. Und für die weltweite Vermarktung angeblich 170 Millionen. Das sind Summen, die ich mir gar nicht vorstellen kann. Dafür bekommt man dann aber auch was geboten, also productiondesignmäßig, nicht intellektuell. Die Züge, auf denen gekämpft wird, sind echt. Also nicht echt echt, sondern echt nachgebaut, aber eben keine Pappmaché-Kulissen vor Bluescreen. Die fahren wirklich. Dafür schmeißen die großen Filmstudios ihr Geld raus, an anderer Stelle sind sie aber nicht bereit, mal lumpige zwei Millionen für einen kleineren Film loszumachen. Das Thema hab ich ja schon in meinem Text über Steven Soderbergh angerissen. Naja, und deswegen schäme ich mich auch ein bisschen, dass ich mich bei diesem Blockbuster amüsiert hab. Und das hab ich, weil „Lone Ranger“ ein perfekt gemachter Film ist. Die Story ist nicht zu kompliziert, die Darsteller wurden absolut passend ausgewählt, die Actionszenen sind vermutlich das beste, was Hollywood zu bieten hat. Da kann vermutlich momentan nur noch „Pacific Rim“ und die Zugszene aus „Wolverine: Weg des Kriegers“ mithalten. Und nochwas fällt mir nicht ein.

Mir ist immer noch nicht klar, warum ich den Text jetzt geschrieben habe, denn ich mag ja viel lieber kleine Filme mit einer schrägen Geschichte, die eben nicht hollywoodmäßig inszeniert sind, und die mit kantigen Figuren überraschen. Also genau das, was „Lone Ranger“ nicht ist. Aber wenn man sich darauf einlässt, kann (und darf) man auch mal bei Popcornkino Spaß haben.

Zum Schluss sage ich jetzt noch was zu Armie Hammer. Vermutlich habt ihr schon vermutet, dass ich mich hier verschrieben hätte. Wer nennt sich schon Armie, das heißt doch Arnie! Nee, jemand, der in echt Armand Douglas Hammer heißt, nennt sich mit Spitznamen Armie. So. Und er macht seine Sache gut. Er lässt Mr. Depp den Vortritt und spielt den Naivling John äußerst witzig und charmant. Mal ganz abgesehen davon, dass er auch noch sehr nett anzusehen ist.

Hier der Trailer.

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